Neue EU-Verordnungen drohen das deutsche Pfandsystem zu vernichten

Schweinfurt (red). Das Pfandsystem ist wieder einmal in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. In einem Vorschlag, den die EU-Kommission im November 2022 veröffentlicht hat, spricht sie sich für ein einheitliches Pfandsystem für alle Mitgliedstaaten aus, das zudem verpflichtend sein soll. Dabei geht es um Flaschen sowie Dosen mit einer Füllmenge von bis zu drei Litern.

Ehrgeiziges Ziel ist es, bis zum Jahr 2030 alle Verpackungen wiederverwendbar oder recyclebar zu machen. Während die meisten Länder der EU überhaupt erst einmal Pfandsysteme einführen müssen droht der deutschen Getränkeindustrie quasi die Vernichtung des gesamten Leergutbestandes. Die Überlegungen sehen nämlich kompaktere Gebinde vor, um ungenutzten Raum in Kästen und Abverpackungen zu verkleinern. 40 Prozent weniger „Luft“ ist das Ziel, um auch die Transportvolumen zu verkleinern. Alle Flaschen sollen zudem einen dauerhaften QR-Code bekommen. Das ist für die rund vier Milliarden Flaschen in Deutschland nicht umrüstbar.

Funktionierende Pfandsysteme für Flaschen und Dosen gibt es in Europa neben Deutschland und Österreich ohnehin nur noch in der Schweiz, Kroatien, Schweden, Norwegen, Estland, den Niederlanden und Dänemark.

In Deutschland wird schon seit 1903 Pfand auf Bierflaschen erhoben. Nach und nach wurde das Pfand auf weitere rückgabefähige Gebinde erweitert. Ein Meilenstein war 2003, als das Pfand auch für kohlensäuerehaltige Einweggebinde eingeführt wurde. Allerdings wurde langfristig eher das Gegenteil des gewünschten Ziels erreicht. Die Hoffnung 25 Cent Pfand hätten eine abschreckende Wirkung und es würde dadurch wieder verstärkt auf Mehrweggebinde zurückgegriffen werden, erfüllte sich nicht. Im Gegenteil, der Einwegmüll hat in den darauffolgenden Jahren stark zugenommen, gab das Pfand den Plastikflaschen und Dosen eine gewisse „Wertigkeit“ und das Gefühl, es wird sich schon im Sinne der Umwelt darum gekümmert werden.  Tatsächlich musste der Handel aber nicht nur teuere Pfandrückgabeautomaten anschaffen, er musste sich auch um die Entsorgung des Plastikmülls und der Dosen kümmern, die zuvor in öffentlichen Werstoffcontainern, bzw. gelbe Tonnen eingeschmissen werden konnten. Dass dieses Leergut beliebtes Sammelobjekt für finanziell notleidende Menschen würde, war ebenfalls nicht beabsichtigt, ist inzwischen aber anerkanntes Tun zur Einkommensaufbesserung.

Zuletzt wurde die Bepfandung sogar noch auf nicht-kohlensäuerehaltige Getränke ausgeweitet. Nach wie vor pfandfrei sind Wein- und Schnapsflaschen, sowie Lebensmitteleinmachgläser.

Dennoch gilt das deutsche Pfandsystem als einfach und effizient. Während man die leeren Flaschen in den Automaten einwirft, arbeiten im Hintergrund die sogenannten Clearing-Stellen. Diese gewährleisten einen reibungslosen Ablauf des Pfandsystems. Clearingstellen sorgen für die Abwicklung des Geldflusses, d. h. sie gleichen zwischen den Händlern die Differenzbeträge aus, die zwangsläufig dadurch entstehen, dass jede zum Pfandsystem gehörende Flasche oder Dose überall abgegeben werden kann ohne Berücksichtigung, wo sie erstanden wurde.

Trotz des ökologischen Nutzen des Pfandsystems, gibt es frustrierende Momente, die bei der Abgabe der Flaschen einhergehen. Jeder hat mit Sicherheit einmal die Erfahrung gemacht, dass leere Flaschen nicht angenommen werden, wenn sie eingedrückt sind oder das Etikett fehlt. Dies führt oft zu Missverständnissen, dient aber in erster Linie dazu, Betrug zu verhindern. Daneben ist aber ein großes Problem, dass viele der Automaten einige technische Probleme aufweisen und somit schon bei leichten Beschädigungen der Flasche, sich eine Rückgabe als problematisch erweist. Außerdem nimmt nicht jeder Händler jede Flasche an. 

Trotz einiger Problematiken und Herausforderungen ist das Pfandsystem ein wichtiger Schritt hin zu einer nachhaltigen Zukunft und um Ressourcen zu schonen.

 

Foto: Wiener