THWS‐Menschenrechtswoche: Vortrag der Fakultät Angewandte Sozialwissenschaften und der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft

V. li.: Prof. Dr. Dieter Kulke, Fakultät Angewandte Sozialwissenschaften der THWS, Dominik Liebig, Deutscher Berufsverband für Soziale Arbeit DBSH, Franziska Müller, Jugendsekretärin Unterfranken des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Regina Weisath, Mitglied des DBSH und Studentin im Masterstudiengang Soziale Arbeit, Silke Trost, Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft verdi sowie Dr. Riccardo Altieri, Vorsitzender der GEW Würzburg und Leiter des Johanna‐Stahl‐Zentrums für jüdische Geschichte und Kultur in Unterfranken (Foto: GEW/Jörg Nellen)

Wie wirkt soziale Ungleichheit auf unser Arbeitsleben – und was können berufliche Interessenverbände dagegen tun? Mit dieser Leitfrage hat ein Vortrag mit Podiumsdiskussion unter dem Titel „KLASSEN‐ARBEIT“ stattgefunden. Im Rahmen der Menschenrechtswoche der Fakultät Angewandte Sozialwissenschaften (FAS) der Technischen Hochschule Würzburg‐Schweinfurt (THWS) in Zusammenarbeit mit der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) setzten sich Prof. Dr. Dieter Kulke, Soziologieprofessor an der FAS, und Dr. Riccardo Altieri, Vorsitzender der GEW und Leiter des Johanna‐Stahl‐Zentrums für jüdische Geschichte und Kultur in Unterfranken, mit diesem Thema auseinander.

Dr. Altieri stellte die aktuelle Diskussion über Klassismus vor. Ein gängiges Verständnis sehe Klassismus als Benachteiligung und Diskriminierung aufgrund der Herkunft oder Zugehörigkeit zu einer unteren oder niedrigen sozialen Klasse. Eindrücklich stellte er dar, wie weit verbreitet dieses Phänomen ist und wie wichtig die soziale Herkunft für den Berufsverlauf und das ganze Leben sei. Anhand von Beispielen wie jenen aus der Literatur wurde deutlich, dass eine wichtige Rolle dabei auch internalisierte Phänomene wie Scham spielen. Ein wichtiger erster Schritt gegen Klassismus sei es, die Situation zu erkennen und solidarisch zu sein.

THWS‐Professor Dr. Dieter Kulke moderierte die folgende Podiumsdiskussion in der Runde um Dominik Liebig vom Deutschen Berufsverband für Soziale Arbeit (DBSH), Franziska Müller, Jugendsekretärin Unterfranken des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Silke Trost, Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (verdi), und Silke Weisath, THWS‐Studentin im Master Soziale Arbeit und Mitglied des DBSH. Während der Auseinandersetzung mit dem Thema wurde deutlich, wie wichtig Interessenvertretungen in der Sozialen Arbeit sind. Sowohl der Berufsverband DBSH als auch die Gewerkschaften verdi und die GEW treten stark für soziale Gerechtigkeit und Solidarität ein. Dies geschieht einerseits durch Tarifverhandlungen, andererseits durch politische Lobbyarbeit oft im Schulterschluss mit den Wohlfahrtsverbänden und der Sozialen Arbeit. Ein eindrückliches Beispiel ist der Einsatz des Bündnisses für ein Zeugnisverweigerungsrecht in der Sozialen Arbeit. Der Zusammenschluss kämpft dafür, dass Sozialarbeitende wie andere Berufsgruppen auch vor Gericht die Möglichkeit der Aussageverweigerung nutzen dürfen, um das Vertrauen zu Klientinnen und Klienten nicht zu beschädigen. Weitere wichtige Leistungen der Gewerkschaften und des DBSH, der auch Gewerkschaftsfunktion besitzt, sind auch über das Dienstverhältnis hinaus gehende Rechtsberatungen.

Diese können zum Beispiel bei Mietfragen, Weiterbildungen oder Vernetzungsangeboten greifen. Der DBSH als Berufsverband für Soziale Arbeit sei auch mit der Definition Sozialer Arbeit, der Berufsethik und der Mitglieder‐Fachzeitschrift FORUMsozial für die Profession von herausragender Bedeutung, so Prof. Dr. Kulke. Silke Trost von verdi Würzburg ergänzt: „Soziale Arbeit und Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft gehören für mich untrennbar zusammen. Dabei geht es um faire Entlohnung und gesundheitserhaltende Arbeitsbedingungen, die der Wichtigkeit dieser Arbeit Rechnung tragen. Das betrifft Mitarbeitende wie Klientinnen und Klienten gleichermaßen.“ Dominik Liebig, DBSG, betont: „Soziale Arbeit ist von gesellschaftlichen Umbrüchen betroffen. Um weiterhin den Ansprüchen an eine Menschenrechtsprofession zu genügen, braucht es mutiges Engagement von Gewerkschaften, Berufs‐ und Fachverbänden.“

Abschließend hält Prof. Dr. Dieter Kulke als Moderator fest: „Klassismus ist ein zunehmend wichtiges Thema der Sozialen Arbeit. Dies betrifft auch Lehre und Zusammenarbeit mit Studierenden. Und da Soziale Arbeit als akademisches Fach quasi einen Mittelschichtbias hat, ist es wichtig, mögliche klassistische und diskriminierende Mechanismen nicht nur in der Gesellschaft, sondern auch in der Sozialen Arbeit selbst zu erkennen, zu reflektieren und ihnen zu begegnen.“ Zum Hintergrund der Menschenrechtswoche Die Menschenrechtswoche der FAS will Studierende, Praktizierende sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auffordern: ‐ sich bewusst in ihren Wertvorstellungen und Entscheidungen an menschenrechtsbezogenen Aspekten zu orientieren ‐ sich mit Aufgaben, Fragen und Dilemmata, die sich aus dem bewussten Bekenntnis der Sozialen Arbeit zur Menschenrechtsprofession ergeben, auseinanderzusetzen ‐ Handlungen wie auch die Berufsgeschichte kritisch zu hinterfragen, um Missachtung und Verletzung von Menschenrechten auch im professionellen Handeln aufzudecken und zu verhindern.

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