Schweinfurt (red). Sonntagabend, 17.50 Uhr, ist kaum was los in der Schweinfurter Innenstadt, doch zehn Minuten später kommen gefühlt tausende Menschen in Richtung Marktplatz geströmt. Hat die drohende Impfpflicht die Menschen mobilisiert?
Starke Polizeipräsenz in Schweinfurt
Doch der Zugang zum zentralen Ort bleibt ihnen verwehrt, denn starke Polizeikräfte aus Schweinfurt, Würzburg und Aschaffenburg haben diesen Ort hermetisch abgeriegelt. Auch für diesen Sonntag waren Proteste gegen Corona-Maßnahmen und die Impfpflicht gewittert worden. Gewußt hatte es offiziell niemand, denn es steht kein Veranstalter hinter diesen „Spaziergängen“, wie sie in sozialen Netzwerken genannt werden. Mund-zu-Mund-Propaganda hatte es offenbar geschafft – wie in vielen anderen deutschen Städten auch – eine nicht unerhebliche Menschenmasse zu mobilisieren.
In der Spitze hatten trotz regnerischen Wetters laut Polizeibericht bis zu 2.000 Personen an der Veranstaltung beteiligt. In der Woche davor waren es etwa 1.500. Aufgrund des gesperrten Marktplatzes verteilen sich die Besucherströme auf den Martin-Luther-Platz sowie die Obere Straße und Zehntstraße. Der Marktplatz war präventiv gesperrt worden, weil man befürchtete, dass bei einer derart großen Menschenmasse Abstandsregeln nicht eingehalten werden könnten, berichtete Polizeipressesprecher Andreas Laacke auch Nachfrage. Auch für diesen Sonntag werden wieder Proteste erwartet, nachdem auch schon am Sonntag, 5. Dezember, zur gleichen Zeit protestiert worden war.
Familien mit Kindern unter den Spaziergängern
Auffällig waren die vielen Familien mit Kindern, die sich trotz der Dunkelheit auf den Weg gemacht hatten, um zu demonstrieren. Aber auch ältere Paare waren zu sehen. Zumindest dem Aussehen nach waren keine Rechtsradikalen beteiligt. Immer wieder kam es zu gemeinsamen Sprechchören, bei denen etwa „Freiheit“, „Widerstand“ oder „Einigkeit und Recht und Freiheit“ gegen eine Impfpflicht skandiert wurden.
Der „Spaziergang“ begann in der Oberen Straße und setzte sich Richtung Rossmarkt in Bewegung. Die Polizei sprach von einer weitgehend ruhigen Veranstaltung, bei der jedoch immer wieder auch auch Abstandsgebote hingewiesen werden musste. Allerdings sei es schwierig zu unterscheiden, räumte der Polizeipressesprecher ein, da Personen aus einem Haushalt enger beieinander stehen dürfen und offenkundlich doch sehr viele Gruppen aus jeweils einem Haushalt unterwegs waren. Zahlreiche Polizeikräfte begleiteten den Zug im Rahmen des Versammlungsschutzes, weil es für die polizeilichen Aufgaben unerheblich ist, ob ein solcher angemeldet ist oder nicht, sofern sich dieser als Versammlung darstellt. Vor diesem Hintergrund wird auch immer noch ermittelt, welche Person diese Protestaktionen angezettelt hat.
Teilweise Störungen des ansonsten gewaltfreien Ablaufs
Dem größtenteils störungsfreien Ablauf standen jedoch vereinzelt auch Personen mit einer heftigen Aggressivität gegenüber. Gegen 15 Personen mussten deshalb Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet werden. Gegen acht Personen gab es Anzeigen wegen Beleidigung und Vollstreckungswiderstand. Zwei Personen versuchten zudem ein Zivilfahrzeug der Schweinfurter Polizei in Brand zu stecken. Die beiden bislang nicht vorbestraften Männer wurden festgenommen und bereits am Montag in einem beschleunigten Verfahren zu Haftstrafen verurteilt, die unter Auflagen zur Bewährung ausgesetzt wurden. Gegen zwei weitere Männer wurden U-Haftbefehle erlassen.
Gegen 19 Uhr löste sich die Versammlung im Stadtgebiet langsam wieder auf.
(editiert:13.12. 15:54 kl)