Schweinfurt (bbv) – Vollmundig und mit großen Anzeigen kündigt der Lebensmitteldiscounter ALDI aktuell einen „#Haltungswechsel“ für mehr Tierwohl an. Frischfleisch soll bis 2030 nur noch aus den Haltungsformen 3 und 4 kommen. Zusätzlich hat ALDI vor wenigen Tagen angekündigt, dass bei Eigenmarken künftig keine Frischmilch aus Haltungsform 1 mehr verkauft werden soll. Betroffen wären insbesondere kleinere Milchbauern in ganz Süddeutschland. Während Politik und Bauernverbände in Bayern und Baden-Württemberg in den letzten Jahren gemeinsam an Wegen gearbeitet haben, damit genau diese Betriebe ihre Tierhaltung Schritt für Schritt weiterentwickeln können, hat ALDI nun seine Machtposition ausgenutzt. Der Handelskonzern stellt Bäuerinnen und Bauern einmal mehr vor vollendete Tatsachen und gefährdet damit die regionale Landwirtschaft: „Die Standards in Sachen Tierwohl steigen. Doch die Frage, wer die damit verbundenen Kosten trägt, ist offen. Die Existenz Dutzender Höfe im Landkreis Schweinfurt steht auf dem Spiel“, sagt Michael Reck, Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbandes im Landkreis Schweinfurt
Gemeinsam mit betroffenen Bäuerinnen und Bauern macht der Bayerische Bauernverband mit Aktionen vor ALDI-Filialen auf die verlogenen Werbemaßnahmen aufmerksam: „In teuren Anzeigen behauptet ALDI, dass Tierwohl eine Frage der Haltung sei“, sagt Barbara Göpfert, Kreisbäuerin im Landkreis Schweinfurt. „Vor allem ist Tierwohl aber eine Frage der Umsetzbarkeit und des Geldes. Zu einem Haltungswechsel gehört auch ein Ende der Niedrigpreise!“ Das macht der bayerische Bauernpräsident Walter Heidl in einem offenen Brief an ALDI deutlich: „Die bayerischen Bauernfamilien sind wütend und enttäuscht. Aldi inszeniert sich als Hüter und Unterstützer von Tierwohl in der Landwirtschaft. Tatsächlich erleben wir Aldi aber anders: Aggressive Niedrigpreisstrategien, auch für Tierwohl-Fleisch.“
Nach zweijährigen Verhandlungen über ein branchenweites Tierwohlprogramm für Rindfleisch und Milch haben die Vertreter des Lebensmitteleinzelhandels zuletzt einen umfangreicheren Katalog an Tierwohlkriterien verhindert, da sie den Kostenausgleich für die Landwirte nicht bezahlen wollten. „Gleichzeitig sind aber anscheinend riesige Werbebudgets vorhanden. Das passt einfach nicht zusammen!“, sagt Heidl und fordert von Aldi eine angemessene Honorierung von Tierwohl, die Berücksichtigung der besonderen Situation kleinerer Betriebe sowie Einbeziehung aller Marktsegmente in Tierwohlprogramme, aber dafür schrittweise Entwicklungen und mehr Nebeneinander der verschiedenen Haltungsformstufen. „Das wäre ein ernsthafter gemeinsamer Weg hin zu mehr Tierwohl, der auch die kleineren Betriebe mitnehmen würde, statt sie aus dem Markt zu drängen“, so Heidl.
In allen Kreisverbänden des Bayerischen Bauernverbandes finden in den kommenden Tagen Aktionen vor ALDI-Filialen und anderen Supermärkten. Weitere Infos und Aktionen sowie den offenen Brief von Bauernpräsident Walter Heidl an ALDI gibt es online unter: www.BayerischerBauernverband.de/Haltungswechsel