TOTENGEDENKEN AM MASSENGRAB IN GRAFENRHEINFELD

Traditionell an Allerheiligen gedenkt die Gemeinde Grafenrheinfeld am Massengrab im Kirchenfriedhof der Todesopfern der Bombennacht vom 24. Februar 1944 mit den Vertretern der politischen Gemeinde und der Bundeswehr aus Hammelburg den Opfern zweier Weltkriege, des nationalsozialistischen Unrechtsregimes sowie den Opfern aller kriegerischer Auseinandersetzungen.

> Bei dieser Feier erinnern wir an die Toten und Verfolgten aus unserer Gemeinde, aus unserem Land, aus den Nachbarstaaten und allen in Krieg und Gewalt verstrickten Regionen dieser Erde.

> Auszüge aus der Gedenkansprache:

> „Die vielen Toten, die vielen Verfolgten, die wir zu beklagen haben, sie sind eine Wunde im Leben aller Angehörigen und Betroffenen.
> Wir gedenken heute der Opfer von Krieg und Gewalt:
> Der Soldaten, die in den beiden Weltkriegen gefallen, ihren Verwundungen erlegen, in Gefangenschaft gestorben oder seither vermisst sind.
> Der Männer, Frauen und Kinder aller Völker, die durch Kriegshandlungen ihr Leben lassen mussten.
> Wir gedenken der Männer, Frauen und Kinder, die in Folgen des Krieges auf der Flucht oder bei der Vertreibung aus der Heimat und im Zuge der Teilung Deutschlands und Europas ihr Leben verloren haben.
> Wir gedenken der Bundeswehrsoldaten und anderer Einsatzkräfte, die in Ausübung ihres Dienstes ihr Leben ließen…

> Die wohl schlimmste Nacht der Grafenrheinfelder Geschichte, die Nacht vom 24. auf den 25. Februar 1944, heißt bei uns schlicht „Die Bombennacht“!

> Was war damals passiert?

> Am frühen Nachmittag des 24. Februar 1944 griffen bei klarem Wetter 300 Bomber der amerikanischen Luftflotte Schweinfurt an.
> In der Nacht folgten die zwei weiteren verheerenden Angriffe, die diesmal nicht nur die Stadt aufs Schwerste beschädigt haben, sondern zahlreiche Dörfer getroffen und Grafenrheinfeld fast vollständig zerstört hatten. Tagelang stand der Ort in Flammen und Rauch; Phosphorbomben, Sprengbomben, Luftminen und eine Unzahl von Stabbrandbomben hatten den größten Teil des Ortes verwüstet und unbewohnbar gemacht.
> 32 Einwohner hatten bei der „Bombennacht“ am 24.02.1944 ihr Leben lassen müssen. 3 Personen kamen bereits 1943 beim Luftangriff auf Schweinfurt an Ihrer Arbeitsstelle in der Fabrik ums Leben, 3 weitere beim Beschuss am 08.04.1945 an der heutigen Pizzeria. Die Namen dieser insgesamt 38 Grafenrheinfelder hier auf diesem Gedenkstein sind uns für immer ein Mahnmal…

> Darunter bekannte Namen, deren Familien heute noch unter uns leben und die uns für immer mit diesem Ereignis verbinden:
> Weippert, Gessner, Ebner, Bekert, Link, Rumpel, Weth, Seifert, Gessner, Götz, Riegler, Breitenbach und Bonfig.
> Ebenso bekannt sind uns die Namen der Toten des 1. Weltkrieges, die am Kriegerdenkmal zu lesen sind:
> Lutz, Braun, Gessner, Riegler, Schmich, Friedrich, Lendner, Knaup, Ebner, Rumpel, Reichert, Weth, Weippert, Kraus, Wegner, Full, Reinhart, Pfülb, Scholl und Bonengel…

> Die bei uns lange gewohnte Illusion vom „ewigen“ Frieden hat mit Beginn des Ukrainekrieges jäh geendet.
> Wir alle haben alleine die Möglichkeit eines Krieges in unserer Nähe seit Jahrzehnten zu fürchten und zu vermeiden aber auch zu verdrängen gelernt…
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> Dieser Krieg wird in die Geschichte eingehen als Wendepunkt der Nachkriegsordnung von 1945. Er markiert eine tiefgreifende Zäsur in der Geschichte Europas nach dem Ende des kalten Krieges, einen epochalen Einschnitt. Unser Kontinent hat bis dato keinen so gravierenden Eingriff in seine Ordnung, keine so gefährliche Herausforderung für seine Existenz erlebt…

> Jetzt in diesem Moment tobt noch ein weiterer kriegerischer Konflikt in Israel und Palästina. Uns sind auch hier die täglichen Bilder präsent. Menschen sterben umsonst.

> Auch dort deckt der tausendfache Tod das Schicksal des Einzelnen manchmal zu. Aber irgendwo auf der Welt gibt es für fast jeden dieser Toten eine individuelle Erinnerung an jemanden, der einmal ein Mensch mitten im Leben gewesen war: ein Vater, ein Kind, ein Bruder, ein Ehemann, ein Kamerad, ein Nachbar oder ein Freund.
> Wir fragen uns: Hat man denn nicht aus der Vergangenheit gelernt? Muss all das Leid immer wieder von vorne beginnen?
> Ein Ende des Krieges in der Ukraine und im heiligen Land ist nicht absehbar.
> Vielleicht können – irgendwann – auch an den Gräbern dieser Kriege die ersten vorsichtigen Schritte auf dem Weg zu einer Verständigung gewagt werden…

> Wir alle sind aufgefordert, unseren Beitrag zum Erhalt des Friedens zu leisten. Für ein friedvolles, soziales Miteinander sind Achtung und Wertschätzung gegenüber unseren Mitmenschen entscheidend. Im Kleinen wie im Großen.
> Die Toten, derer wir heute gedenken, sie haben keine Stimme mehr. Aber wir, die Lebenden, wir können unsere Stimme erheben.
> Wir können unserer Trauer Ausdruck verleihen und Trost spenden. Wir können Frieden und Freiheit einfordern und uns für Versöhnung aussprechen.
> Voller Ehrfurcht verneigt sich die Gemeinde Grafenrheinfeld vor den Opfern des Bombenangriffs vom 24./25. Februar 1944 den Opfern des 1. Weltkrieges und allen Opfern von Krieg und Gewalt.“

Foto: Gemeinde Grafenrheinfeld