Schweinfurt (red). Die gute Nachricht vorneweg: Die Gesamtsteuereinnahmen der Stadt Schweinfurt haben sich nach dem starken – und somit nicht von Corona verursachten – Einbruch von 2019 wieder erholt. Nach einem Fall von 125 Mio. Euro (2018) auf 101 Mio. in 2019 und einem noch stärkeren im Corona-Jahr 2020 auf nur noch 91 Mio. flossen 2022 wieder 110 Mio. in die städtischen Kassen. Ein Wert, der mit 108 Mio. Euro in diesem Jahr wieder ähnlich hoch sein dürfte, wie die Kämmerei berechnet hat. Auch 2024 dürfte sich der Wert in dieser Höhe bewegen, wie vorsichtige Prognosen annehmen lassen.
Stagnation bei den Einnahmen ist bei gleichzeitig steigenden Preisen natürlich als Rückschritt zu betrachten, wie ein Blick in den Haushaltsentwurf für 2024 verrät. Sorgen bereiten zudem die sinkenden Gewerbesteuereinnahmen als Haupteinnahmequelle. Zur Erinnerung: von rund 73,1 Mio. Euro fiel die Gewerbesteuer auf 47,5 Mio. Euro. Das war vor Corona, vor dem Ukrainekrieg und den ganz aktuell hinzutretenden kriegerischen Auseinandersetzungen in Nahost, vor Inflation, Rezession, Zinssteigerungen etc. Als Ursachen für den Rückgang führt der Haushaltsbericht die Neigung vieler Unternehmen aus, ihre Tätigkeiten verstärkt ins Ausland zu verlagern und Investitionen am Standort Schweinfurt zurückzufahren. So entstehe ein gefährlicher Mix unterschiedlicher Faktoren, der die gesamte Struktur auf Dauer verändern wird. Leider vermutlich verbunden mit weiterem Stellenabbau, der aktuell noch sozialverträglich gestaltet wird. In der Folge lässt dies nicht erwarten, dass in den nächsten Jahren das Gewerbesteueraufkommen von 2018 auch nur annähernd in greifbare Nähe rücken wird.
Der Rückgang der Gewerbesteuer als tragende Säule habe die Statik des „Gesamtgebäudes Schweinfurt“ nachhaltig verändert. Die Auswirkungen haben sich in den Haushalten 2020 und 2021 noch nicht gezeigt, da sie durch die Rettungsschirme wirksam abgefangen wurden. Aber im Jahresergebnis des Jahres 2022 zeigte sich erstmals deutlich der Rückgang der Liquidität, also der Rücklagen. Beginnend vom 31.12.2021 nahm die Liquidität von 101,8 Mio. Euro auf 84,6 Mio. in 2022 ab und hat sich bis zum 3. Quartal 2023 auf 49,3 Mio. reduziert. Die aktuell größten Investitionsprojekte – Theatersanierung mit rund 52 Mio. Euro und der Neubau von Kita, Schule und wettkampffähiger Turnhalle in der Bellevue mit rund 38 Mio. sind in die Umsetzung gegangen und damit auch in die liquiditätsverbrauchende Phase eingetreten. Problem, neues Geld kommt aus eigenen Ressourcen aktuell nicht mehr ausreichend nach. Um das Gebäude nicht zum Einsturz zu bringen, müssen die anderen Säulen, insbesondere die Ausgabesäule verringert und der Einnahmesituation angepasst werden.
Dennoch sieht das Finanzreferat bei der Planung der Gewerbesteuer für 2024 eine Größenordnung von 55 Mio. Euro als möglich an und geht im Finanzplanungszeitraum ab 2026 von einer sehr optimistischen Steigerung auf das Niveau von 60 Mio. Euro aus.
Der Einkommensteueranteil als zweite wichtige steuerliche Einnahmesäule entwickelte sich stabil mit erfreulich steigender Tendenz: von rund 26 Mio. Euro in 2018 kommend, erreichte sie 27,36 Mio. in 2019. Im Jahre 2021 stieg der Einkommensteueranteil trotz Corona auf 27,7 Mio. Euro und konnte weiter auf 29 Mio. Euro für 2023 erhöht werden. Dieser Wert ist für 2024 und die Finanzplanungsjahre im Haushaltsentwurf enthalten.
Insgesamt werden im Haushalt auf der Einnahmeseite Erträge von 256,51 Mio. Euro veranschlagt, rund 6 Mio. mehr als noch für 2023 mit rund 250 Mio Euro, denen jedoch 286,0 Mio. an Aufwendungen gegenüberstehen.
Bei diesem deutlichen Haushaltsloch sind noch nicht die Investitionen und die hierfür notwendigen Kreditaufnahmen in Höhe von rund 80 Mio. Euro berücksichtigt. Die Rücklage wird im nächsten Jahr voraussichtlich vollständig aufgebraucht sein und für die Fortsetzung der beiden größten Projekte – Theatersanierung und Kita, Schule und Turnhalle Bellevue sind Kreditaufnahmen zwingend erforderlich, leider auch zu mittlerweile deutlich
anderen Zinskonditionen als noch vor zwei Jahren.
Erhebliche Erhöhungen zeigen sich bei den Personalaufwendungen: durch die Tarifabschlüsse und den Erwartungen an die Tarifabschlüsse für die aktuell angelaufene Tarifrunde des TVL und des DBB für den Beamtenbereich. Dafür werden die Aufwendungen von 69,3 Mio. Euro sehr deutlich auf 76,8 Mio. Euro im Jahr 2024 steigen. Dies Zahl ist bereits inklusive der geplanten Stellenneuschaffungen im Rahmen von 1,7 Mio. Euro für das Jahr 2024.
Die Transferaufwendungen erreichten im Jahre 2023 einen bisherigen Spitzenwert von 123 Mio. Euro. Darin enthalten sind mit rund 90 Mio. die Sozialleistungen, mit 19 Mio. die Bezirksumlage mit fünf Mio. die Gewerbesteuerumlage.
Die Unterhaltung und der Erhalt der Liegenschaften ist aufgrund des Alters und der Struktur der Gebäude (viele stammen aus den 60iger Jahren) ein stetig steigender Kostenfaktor im städtischen Haushalt. Für den Haushalt 2024 sind im Großen Bauunterhalt (GBU) 12,6 Mio. Euroeingeplant. Schwerpunkte sind dabei der Ausbau des Ganztags z.B. Auenschule, Schillerschule, aber auch das Infrastrukturprojekt Sanierung der Tiefgarage am Georg-Wichtermann-Platz mit allein 4,6 Mio. Euro. Weil der Substanzerhalt immer mehr finanzieller Ressourcen bedarf, muss überlegt werden, von welchen Liegenschaften die Stadt sich perspektivisch trennen kann und muss. Auch der Verzicht auf die Landesgartenschau 2026 fiel unter diese Betrachtung.
Trotz der hohen Liquiditätsreserve, die die Stadt Schweinfurt aufgrund der vielen positiven Jahre steigender und tragender Gewerbesteuereinnahmen ansammeln konnte, kommt die Haushaltsplanung 2024 nicht umhin, die verbliebene Rücklage für die gestiegenen Defizite im laufenden und im investiven Haushalt vollständig einzusetzen. Für die Fortsetzung wichtiger Investitionsvorhaben müssen zusätzlich 45 Mio. Euro Kreditaufnahmen allein für 2024 eingeplant werden.
Und die Aufgaben werden nicht weniger. Dazu zählt beispielsweise die zentrale Frage der Zukunft der Gesundheitsversorgung nach Bekanntgabe der Aufgabe des Krankenhausbetriebs für das St. Josefs- Krankenhaus durch die Kongregation der Erlöserschwestern und des Greifens der Krankenhausreform und der damit einhergehenden Herausforderungen, die auf das Leopoldina Krankenhaus als 100 % iges Tochterunternehmen der Stadt Schweinfurt zukommen. Für die Erweiterung des Leo sind nach den Planungen rund 300 Mio. EUR zu veranschlagen. Ohne Aufnahme in den Krankenhausbedarfsplan und die höchstmögliche Förderung durch den Freistaat Bayern ist dies nicht umsetzbar.
Foto: Damon Alford