Schweinfurt (el). Die Enquete-Kommission „Gleichwertige Lebensverhältnisse in ganz Bayern“ hat schon 2018 Handlungsempfehlungen ausgearbeitet, wie ein Auseinandertriften Bayerns in wirtschaftlich leistungsfähigere und weniger stärkere Gebiete verhindert und räumliche Gerechtigkeit in allen Bereichen Bayerns sichergestellt werden kann.
Neben vielen wirtschaftlichen Aspekten gab es immer auch ein gastronomisches Gefälle, bei dem Franken als eine der bundesweit preiswertesten Regionen überhaupt galt. Je näher es auf die Landeshauptstadt München zu ging, desto teuerer waren die Preise für Essen und Getränke. Das oberbayerische Voralpenland stand dem in nichts nach und die touristische Vormachtstellung ließ man sich auch gerne bezahlen. In Nordbayern mussten die strukturschwachen Regionen bis zum Mauerfall sogar mit Grenzlandförderung aufgepäppelt werden. Doch die Zeiten sind spätestens seit Corona vorbei. Die Enquete-Kommission hat zumindest bei den Gastro-Preisen gleichwertige Lebensverhältnisse geschaffen. Allerdings sehr zu ungunsten Nordbayerns, das sonst als eher preiswert, jetzt aber als teuer gilt.
Wie Leser dieser Zeitung berichteten und teilweise auch mit Fotos belegen, haben sich die Preise für Speisen und Getränke stark den touristischen Hochburgen in Südbayern angepasst, ja teilweise sogar überflügelt.
Pizzapreise zwischen zehn und 15 Euro sind in Franken ebenso keine Seltenheit wie Getränkepreise für einen halben Liter um die 4,50 Euro herum. Klar, Spitzenreiter ist nach wie vor das berühmte Hofbräuhaus in München mit 5,40 Euro für die Halbe Bier. Dem früheren Vorurteil, dass in München alles „doppelt so teuer ist, wie bei uns“ wird langsam aber die Aussagekraft entzogen. Zumal auch andere Destinationen wie das königliche Brauhaus am Tegernsee durch die starken Preissteigerungen in Franken sogar recht günstig geworden sind. 3,30 Euro für die Halbe Bier zeichnet die online-Speisenkarte aus. Das auch von vielen Prominenten besuchte Lokal am besten Platz mit Alpenpanorama bietet auch das ofenfrische Bierbratl mit 12,80 oder das Wienerschnitzel für 14,80 im Verhältnis zu Unterfranken sogar recht günstig an.
„Original fränkische Schäufele“ hingegen haben in Franken inzwischen einen Platz für um die 20 Euro eingenommen. Dabei war die „Schaufel“ als Schulterstück vom Schwein einst das eher minderwertigere Fleisch für die Hofangestellten, wohingegen der hochwertigere Braten, „dem Herren“ vorbehalten war.
Auch das Seehaus in Murnau am Staffelsee ist eine beliebte Ausflugslocation im Münchener Umland. Hier kostet die Halbe Bier ebenso wie die angebotenen Limonaden 3,90 Euro. Mit 3,90 Euro für einen Cappuccino haben die Oberbayern jedoch zumindest in diesem Bereich „fränkisches Niveau“ erreicht. Der Kiosk am Ellertshäuser See bei Stadtlauringen liegt aktuell bei 4,20 Euro für eine Flasche Bier und vier Euro für den Cappuccino.
Auf der Frage nach den Gründen für den starken Überholvorgang ähneln sich die Antworten. Durch die Corona-Pandemie verursachter Personalmangel. Höhere Löhne sollen hier bessere Anreize schaffen. Dies wirke sich ebenso auf die Preisgestaltung aus, wie höhere Beschaffungskosten für nahezu alles, was für einen Wirtshaus, bzw. Festbetrieb nötig ist. Und auch die Energiekosten müssen nach wie vor als Begründung herhalten, obwohl zumindest Öl und Gas kräftig nachgegeben haben.
Doch auch auf Festen, die im allgemeinen ohne Personalkosten kalkulieren können, haben sich die Preise an Wirtshausniveau angeglichen. Bei den Schweinfurter Kirchweihen lag der Bierpreis zwischen 3,50 und vier Euro. Noch teuerer ist es jedoch bei den Stadtfesten und Marktveranstaltungen. Mit vier Euro oder noch mehr für einen halben Liter Getränk, werden viele oberbayerische Festivitäten sogar noch übertrumpft. Kurioserweise wurde als zusätzliches Ärgernis mancherorts das Pfand gleich miterhöht, obwohl – da bei Rückgabe zurückbezahlt – ohne Einfluss auf den Gewinn. Bei allen Antworten zu den hohen Bierpreisen ist zudem zu bedenken, dass die Oberbayern von den gleichen Herausforderungen stehen, wie die Franken.
War es einst die Eigenwerbung, um zu zeigen wie schön es im Verein ist und wie die Geselligkeit Gemeinschaft fördert, so ist heutzutage der Profit Hauptantriebsfeder. Der wird freilich auch benötigt, um die gestiegenen Anforderungen und Vorschriften erfüllen zu können. Schließlich wird heute an vielen Stellen die Hand aufgehalten, um mitzuverdienen.