Grafenrheinfeld (red). Wohl mehr als 10.000 Menschen hatten sich nach Polizeiangaben auf den Weg gemacht, um die Sprengung der Kühltürme am ehemaligen Kernkraftwerk Grafenrheinfeld zu verfolgen. Nicht wenige waren schon am Nachmittag angereist und hatten es sich mit Grill und Getränken auf Campingmobiliar gemütlich gemacht. Doch vor allem für Kinder verlief das Ereignis enttäuschend. Nicht nur, dass sich die eigentlichen Sprengung aufgrund einer Störaktion um fast eineinhalb Stunden verzögerte, auch die Sprengung an sich verlief „kurz und schmerzlos“. Nichts von Feuerschwall á la Cobra 11, sondern ein präszise geplantes in-sich-Zusammensacken.
Wie Kraftwerksbetreiber Preussen Elektra mitteilt, sind durch die Sprengung rund 55.000 t Bauschutt entstanden, dabei handelt es sich hauptsächlich um Beton. Der Betonbruch wird zunächst aufbereitet und ein Großteil davon (etwa zwei Drittel) zum Verfüllen einer der beiden Kühlturmtassen verwendet. Diese Fläche soll später als Lagerfläche für Materialien aus dem Rückbau des Kernkraftwerks Grafenrheinfeld genutzt werden. Der restliche Teil des Betonbruchs sowie Kunststoffe und Metalle werden dem Wertstoffkreislauf zugeführt.
Wertschöpfende Nachnutzung des Kraftwerksgeländes im Blick
Der Abbruch der Kühltürme steht sinnbildlich für den großen Rückbaufortschritt, den PreussenElektra am Standort Grafenrheinfeld bereits erzielen konnte. Über die Zukunft des Kraftwerksgeländes sagt Guido Knott, Vorsitzender der Geschäftsführung: „Mit der heutigen Sprengung haben wir die bekannte Silhouette von Grafenrheinfeld für immer verändert und Raum für Neues geschaffen. Parallel zum gut voranschreitenden Rückbau der Anlage arbeiten wir bereits an einer sinnvollen und wertschöpfenden Entwicklung des Standorts. Gemeinsam mit unseren Partnern und Stakeholdern vor Ort wollen wir Ideen vorrangig im Bereich der Energieerzeugung und -speicherung vorantreiben, die unseren Mitarbeitern und der Region zugutekommen.“
Sicherer Verlauf durch umfassendes Sicherheitskonzept
Damit das Ereignis für die Bevölkerung reibungslos verlaufen konnte, hatte das Landratsamt Schweinfurt gemeinsam mit der Polizeiinspektion Schweinfurt ein umfassendes Sicherheitskonzept erarbeitet. Zentraler Bestandteil des Konzepts war eine weiträumige Absperrung um das Kraftwerk, um die Sicherheit der Bevölkerung zu gewährleisten. Rund 50 Kräfte der Feuerwehr und ca. 200 Polizeibeamtinnen und -beamte waren vor Ort im Einsatz.
„Auch angesichts der für mich von krimineller Energie getragenen Störaktion haben alle Beteiligten gleichermaßen gute Nerven und hohe Professionalität an den Tag gelegt. In den vergangenen Monaten haben alle intensiv auf diesen Tag hingearbeitet. Dank der sehr guten Zusammenarbeit zwischen dem Betreiber PreussenElektra, der Sprenggesellschaft, den Einsatzkräften und dem Landratsamt Schweinfurt ist die Sprengung zwar mit Verzögerung, aber erfolgreich und sicher verlaufen“, sagte Landrat Florian Töpper vor Ort.
Nach wie vor ungeklärt ist die Zukunft des direkt am Kernkraftwerk angrenzenden Zwischenlagers. Es beherbergt aufgebrauchte Brennstäbe, die – in Castoren sicher verschlossen – immer noch radioaktiv sind. Die Genehmigung zur Lagerung beträgt noch mehr als 20 Jahre. Immer droht zudem die Verlagerung weiterer Brennstäbe von anderen Standorten nach Grafenrheinfeld. Die Sicherheit des Zwischenlagers ist zudem immer wieder Thema bei Kritikern. Sollte bis 2046 kein Endlager gefunden sein, droht eine Verlängerung und damit weitere Unsicherheit über die Gefahr, die von radioaktiven Stoffen ausgeht.
Foto- und Filmaufnahmen des Sprengabbruchs sind online abrufbar.