„Ein nicht ganz einfaches Jahr für den regionalen Arbeitsmarkt fand nun seinen Abschluss. Am Ende ist ein Rückgang der Beschäftigung, ein Anstieg der Arbeitslosigkeit und ein Rückgang der Nachfrage nach neuen Arbeitskräften seitens der Unternehmen festzustellen. Angesichts der vielen Herausforderungen im Jahr 2024, zeigte sich der Arbeitsmarkt jedoch erstaunlich robust. Sowohl das Beschäftigungsniveau als auch die Arbeitslosigkeit blieben, auch im Vergleich zu anderen Regionen, relativ stabil. Das sei so nicht erwartbar gewesen“, bilanziert Richard Paul, der neue Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Schweinfurt das Geschehen am Arbeitsmarkt für das Jahr 2024.
Ganz im Gegenteil. Bereits zu Ende des Jahres 2023 zeigten sich erste Zeichen einer konjunkturellen Eintrübung und die Ankündigung einzelner Großbetriebe, Personal abbauen zu wollen. Gleichzeitig nahmen die Beratungsanfragen zur Inanspruchnahme von Kurzarbeitergeld im weiteren Jahresverlauf 2024 deutlich zu.
Zitat:„Sowohl die Instrumente der Agentur für Arbeit als auch der verantwortungsvolle Umgang der Unternehmen, Beschäftigtenvertretungen und politischen Akteuren der Region, ist es zu verdanken, dass es nicht zu größeren Verwerfungen am Arbeitsmarkt kam. Der Zusammenhalt in der Region Main-Rhön ist ein wesentlicher Stabilitätsfaktor“, resümiert Paul.
Die schwächelnde Konjunktur und die ukrainischen Geflüchteten lassen die Zahl der Arbeitslosen steigen
Die jahresdurchschnittliche Arbeitslosenquote lag mit 8.720 Personen bei 3,5 Prozent. Sie startete im Januar mit 3,5 Prozent und sank bis zum Juni auf 3,4 Prozent, wonach sie im Jahresverlauf bis zum Dezember wieder Schritt für Schritt auf 3,6 Prozent anstieg. Im Jahr 2023 waren im Jahresdurchschnitt allerdings nur 8.058 Personen arbeitslos gemeldet, also 662 Personen oder 8,2 Prozent weniger als nun im Jahr 2024. Die durchschnittliche Arbeitslosenquote betrug damals auch nur 3,2 Prozent.
Waren im Bereich der Arbeitslosenversicherung (SGB III) vor allem konjunkturelle Einflussfaktoren für den Anstieg der Arbeitslosigkeit ausschlaggebend (387 oder +9,7 Prozent), so waren es im Bereich des Bürgergelds (SGB II) vor allem die ukrainischen Geflüchteten, die nach Abschluss der Sprachkurse auf den Arbeitsmarkt drängten. Im Ergebnis waren in den Jobcentern 275 Personen oder +6,7 Prozent mehr gemeldet als noch vor einem Jahr.
Die Inanspruchnahme von Kurzarbeit verhindert einen deutlicheren Anstieg der Arbeitslosigkeit
Kurzarbeit hat im Vergleich zum Vorjahr spürbar zugenommen. Waren im Zeitraum Januar bis August 2024 rund 10.500 Personen von Kurzarbeit betroffen, so waren es 2023, im gleichen Zeitraum, mit 5.700 Personen deutlich weniger. Das Beschäftigungsäquivalent, welches besagt, wie viele Beschäftigte mit dem Instrument „Kurzarbeit“ vor Arbeitslosigkeit bewahrt wurden, betrug im Jahresdurchschnitt 340 Personen (Vorjahr: 160).
Zitat:„Wir sind weit entfernt von den hohen Kurzarbeiterwellen der Finanzkrise 2009 oder der Corona-Pandemie 2020 mit teilweise bis zu 80.000 Betroffenen in der Region. Dennoch war das Instrument 2024 für viele Industrieunternehmen enorm wichtig, um Produktionsschwankungen auszugleichen und bei verbesserter Lage gleich wieder durchzustarten“, so Richard Paul.
Die Region Main-Rhön im strukturellen Umbruch. Beschäftigungsabbau und Beschäftigungsaufbau gehen Hand in Hand
Erstmals seit der Corona-Pandemie sank die Zahl der sozial-versicherungspflichtig Beschäftigten. Mit 178.833 Personen wurden zum Juni 2024 knapp 1.060 (-0,6%) weniger Beschäftigte registriert als noch vor einem Jahr. Der Bereich des verarbeitenden Gewerbes war hierbei am stärksten betroffen. Mit 55.000 Beschäftigten bleibt die Branche mit weitem Abstand der wichtigste Beschäftigungsort in der Region Main-Rhön, jedoch sank deren Zahl binnen eines Jahres um 1.400 Personen (-2,4 Prozent). Auch das Baugewerbe (-295 oder -2,4 Prozent) oder der Bereich der Zeitarbeit (-376 oder -5,5 Prozent) wiesen rückläufige Beschäftigungszahlen aus.
Allerdings gab es auch weiterhin Branchen, die weiter Beschäftigung aufbauten. Im Bereich Immobilien und Dienstleistungen (+650), der Öffentlichen Verwaltung (+277) oder Energie- und Wasserversorgung (+200), lagen die Beschäftigtenzahlen zum Juni 2024 über denen des Vorjahres.
Immer mehr zeigt sich die Beschäftigung von ausländischen Menschen als Stabilisator in der Region und Kompensator der demografischen Entwicklung. Bei einem insgesamten Rückgang der Erwerbstätigen, stieg die Zahl der beschäftigten Ausländer um weitere 720 (+4,2 Prozent) auf nun 18.137 Personen an. Hatten vor zehn Jahren nur 3,7 Prozent aller Beschäftigten einen ausländischen Pass, so sind es mittlerweile bereits über 10 Prozent.
Zitat:„Erfreulich ist, dass es im Rahmen des „Job-Turbos“ viele Geflüchtet eine Arbeitsstelle finden konnten. Auch in Zukunft wird es entscheidend sein, direkt im Anschluss der sprachlichen Qualifikation, die Vermittlung in Arbeit oder Ausbildung intensiv zu begleiten. Die Integration in Arbeit ist wesentlicher Bestandteil für eine umfassende gesellschaftliche Integration der geflüchteten Menschen“, erklärt Paul.
Deutlich gedämpfte Nachfrage nach neuen Arbeitskräften
In den vergangenen Jahren eilte die Nachfrage nach neuen Arbeitskräften von Rekordmarke zu Rekordmarke. Im Jahr 2024 kühlte die Nachfrage nach Arbeitskräften jedoch merklich ab. Mit durchschnittlich 5.547 gemeldeten Stellen im Bestand lag die Zahl der Vakanzen um -636 oder -10,3 Prozent niedriger als im Jahr zuvor. Dies war vor allem den geringeren Neubedarfen geschuldet. Insgesamt meldeten die Unternehmen knapp 1.300 Stellen weniger als noch in 2023. Betrachtet man allerdings das extrem hohe Niveau der Vorjahre, relativiert sich dieser Rückgang. In den „Vor-Corona“-Jahren lag der durchschnittliche Stellenbestand bei ca. 3.700-5.000 offenen Vakanzen.
Nach wie vor suchen die Unternehmen händeringend nach passenden Fachkräften und Experten. Die Mehrzahl der Stellengesuche entfiel auf dieses Anforderungsniveau und kann nach wie vor nur schlecht bedient werden. Rechnerisch entfallen auf 100 gemeldete Fachkraftstellen nur 85 Arbeitslose mit entsprechender Qualifikation, während es bei 100 Helferstellen mehr als 420 Bewerber gibt.
Zitat:„Mit Blick auf die bestehenden und zukünftigen Bedarfe der Unternehmen, ist eine berufliche Qualifikation essentiell für eine schnelle und nachhaltige Integration in den Arbeitsmarkt. Gerade bei einem sich verändernden Arbeitsmarkt schwinden die Integrationschancen ohne entsprechende Kenntnisse und Fertigkeiten rapide. Einmal mehr zeigt sich: Eine Ausbildung ist die beste Versicherung gegen Arbeitslosigkeit“, erklärt Paul.