40 Interessierte hatten sich zum ersten Gesprächsabend über „Das Böse“ im Pfarrzentrum
eingefunden. Nach der Begründung durch Kirchenpfleger Rainer Ziegler wies Pfr. i.R. Friedrich Lösch
auf die Brisanz hin: „ Die grausamen Anschläge der letzten Monate in Deutschland haben uns alle
bewegt.“
Wissenschaftler suchten nach Deutungen und Gründen böser Taten. Philosophen definierten, was
böse Handlungen seien und ob es böse Menschen gäbe. Verhaltensbiologe Konrad Lorenz erregte
mit seinem Werk „Das so genannte Böse“ Aufsehen. In der Tierwelt diene Aggression der
Arterhaltung, schwere Verletzungen oder Todesfälle seien selten. Dies funktioniere in
menschlichen Gemeinschaften nicht mehr automatisch. Er riet, den aggressiven Anteil unseres
tierischen Erbes, z.B. durch Sport abzureagieren. Psychologie, Sozialwissenschaften, Medizin und
Gehirnforschung kritisierten, dass dieser Ansatz für uns Menschen nicht ausreiche. Falsche Werte,
Ideologien, Fehler in der Erziehung spielten dabei eine Rolle. Krankheiten, wie Defizite im Gehirn,
Stoffwechselstörungen, Psychosen, Drogenmissbrauch und Sucht würden oft aggressive und
destruktive Handlungen herbeiführen.
Mit der religiösen Deutung des „Bösen“ und psychischen Erkrankungen setzten sich dann der
Beauftragte für Weltanschauungsfragen und Exorzismus Dr. Jürgen Lohmayer und der Psychiater
Dr. Gerald Zöller auseinander. Bis weit über das Mittelalter hinaus, so Lohmayer, seien psychische
Krankheiten und überschie.endes aggressives Verhalten als „Besessenheit“ bezeichnet worden.
Teufel, Dämonen, Hexen seien schuld. Kranke wurden eingekerkert und vermeintliche Hexen
abgeurteilt und verbrannt. Durch Rituale wurde versucht böse Mächte aus Menschen
auszutreiben.
Die katholische Theologie der letzten Jahrzehnte diskutierte diese Ansicht und nahm Erkenntnisse
anderer Wissenschaften auf. Der Kurienkardinal Walter Kasper betonte aber: Die jüngere
Geschichte zeige, wie das Böse Besitz vom Menschen nehme und zur eigenen Macht werde, wenn
man ihm Raum lasse. Dann müsse man weiter von Besessenheit sprechen. Dies sei aber kein
medizinischer Begriff, sondern eine Metapher. Im nächsten Gesprächskreis geht es um Antworten
aus dem Neuen Testament.