Schweinfurt (red). Wenige rote Fahnen und Trillerpfeifen – stattdessen Metaplanwände, auf denen Beschäftigte Vorschläge aufschreiben, eine Riesenpostkarte Richtung ZF-Konzernzentrale in Friedrichshafen und eine „Speakers Corner“, in der die Beschäftigten zu Wort kommen: Unter dem Motto „Nur mit uns geht’s Richtung Zukunft!“ folgten in Schweinfurt 3.500 ZF-Beschäftigte bei zwei parallelen Veranstaltungen, eine vor dem ZF-Werk Nord (Ernst-Sachs-Straße) und eine vor dem Entwicklungszentrum (Röntgenstraße), dem Aufruf von Betriebsrat und IG Metall. Beschäftigte, Betriebsrat und IG Metall reagieren mit dem Aktionstag, der parallel an mehreren ZF-Standorten im gesamten Bundesgebiet stattfand, auf die Ankündigung von ZF, deutschlandweit bis 2028 zwischen 11.000 und 14.000 Stellen (rund jede vierte Stelle) streichen zu wollen.
Zeichen nachFriedrichshafen
Der Aktionstag in Schweinfurt war anders als das, was man sonst erlebt, wenn Gewerkschaften zu einem Aktionstag aufrufen. „Bei ZF arbeiten tolle Kolleginnen und Kollegen, die mit ihrer ganzen Innovationskraft, Flexibilität und über alle Bereiche hinweg die Stärke von ZF ausmachen. Das wollten wir in den Vordergrund stellen und als Zeichen nach Friedrichshafen senden“, sagt Thomas Höhn, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Schweinfurt. „Zum jetzigen Zeitpunkt, rein finanzgetrieben, nur um Kosten zu sparen und ohne zu wissen, was es für Innovation, Forschung und Entwicklung bedeutet – so viele Menschen infrage zu stellen, bringt den ZF-Konzern in Gefahr.“
Oliver Moll, Betriebsratsvorsitzender am ZF-Multidivisionsstandort in Schweinfurt, betont mit Blick auf den vom Konzern angekündigten Stellenabbau: „Das ist ein Angriff des Vorstands auf den Standort Deutschland.“ Wie viele Stellen in Schweinfurt tatsächlich wegfallen sollen, ist weiterhin unklar. „Es werden immer wieder Zahlen genannt – nur damit sie kurz darauf wieder abgestritten werden. Alle haben die Erwartung, endlich Klarheit zu bekommen, wo die Reise hingehen soll und wer dann eigentlich die Arbeit – die ja da ist – machen soll.“
So oder so – der Standort Schweinfurt ist massiv vom Umbau betroffen, nicht nur weil viele Arbeitsplätze wegfallen sollen. Aufhorchen ließ in der vom ZF-Konzern Ende Juli versandten Presseinformation zum Stellenabbau vor allem, dass die Division E (Elektrifizierte Antriebstechnologien), in der allein in Schweinfurt 6.000 Beschäftigte arbeiten, nicht zu den Bereichen zählt, die ZF in seiner strategischen Leitidee in den Fokus nimmt und stattdessen von „Offenheit für Kooperationen und starke Partnerschaften“ spricht. „Das ist ein fatales Signal und muss uns in Schweinfurt hochgradig nervös machen“, betont Thomas Höhn von der IG Metall.
Wettbewerbsfähige Produkte
Die Interessenvertreter kündigten schon vor einigen Wochen Gegenwehr an: „Unser Ziel ist es, so viel Beschäftigung wie möglich bei vernünftigen Konditionen in Schweinfurt zu halten. Und zwar in aller Tiefe. Mit Forschung, Entwicklung und Produktion“, sagt Moll. Die ZF-Beschäftigten in Schweinfurt sendeten beim Aktionstag auf Schildern ein klares Signal in Richtung Zentrale in Friedrichshafen: „Nur mit uns geht’s Richtung Zukunft.“
Betriebsrat und IG Metall erwarten vom ZF-Konzern, dass er an der Elektromobilität festhält und die Zukunft mit den Beschäftigten, denen er viel zu verdanken hat, gemeinsam gestaltet. IG Metall und Betriebsrat fordern die Neuansiedlung von wettbewerbsfähigen Produkten und Dienstleistungen.